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Sixdays 1983 England Wales

SIXDAYS 1983 England

Die wahre Geschichte von der Schafsjagd in England 1983

 

Meine letzte Sixdays 1983 in Built Wells /England war nicht das, was ich mir als Abschluß meiner Geländekarriere so vorstellte. Aber der Reihe nach.

Unsere Vasen-Mannschaft mit den Fahrern Bernhard Brinkmann, Kawasaki KX80 (Startnummer 1) Arnulf Teuchert,  Hercules GS 80 (4), Joachim Sauer Honda CR125 (43) und Eddy Hau, Yamaha TT600 (371), Teamchef Wolfgang Butzner,  sollte von der Papierform eigentlich für einen der vorderen Plätze gut  sein. Wer England kennt, der weiß auch, dass man hier auch hin und wieder mit gleichmäßig Wasser von oben und diversen Sumpflöchern von unten rechnen muß. Wir hatten uns auch eingehend bei den Altstars wie Lorenz Specht usw. schon im Vorfeld informiert, wie man diese grundlosen Schlammlöcher rechtzeitig erkennen könnte. Eigentlich waren wir sehr gut vorbereitet, das Fahrerlager mit Start und Ziel lag verkehrsgünstig an einem Campingplatz in Llandrindod Wells, nur unser deutsches Mannschaftshotel lag etwa eine ¾ Autostunde weit weg davon, weshalb sich Bernhard Brinkmann, Gerd Kiener, ich und noch einige andere deutschen Fahrer entschlossen hatten,  unsere Womos direkt am Fahrerlager zu parken, um uns die tägliche Autofahrt mit Linksverkehr von fast 1 ½ Std. zum Hotel zu sparen. Das fand zwar nicht die Zustimmung unserer OMK Teamleitung, weil das angeblich den Teamgeist störte, uns war aber die eine Stunde Nachtruhe mehr wichtiger und ausserdem hatten wir dank unserer Mädels auch die beste Verpflegung direkt vor Ort.

Dass wir Deutsche hier in Old England nicht gerade beliebt sind, haben wir schon in den Tagen vor der Abnahme immer wieder feststellen können. „. German Nazi“ musste man schon hier und da ertragen. Aber was soll’s – die englischen Fahrer waren uns wohlgesonnen. Aber dass man den Berni mit Start Nr.1 und mich mit der Nr.4 als Streckenputzer jeden Tag vorneweg fahren ließ, um die tausend Schlammlöcher als erste auszuloten und nebenbei die dreitausend freilaufenden Schafe von der Strecke zu treiben, war schon eine Frechheit. Nach dem Moto „Alder“ vor Schönheit hat mich Berni auch immer anständig voraus fahren lassen. Mit dem Ergebnis, dass ich jeweils auch als erster in den grundlosen Sumpflöchern eingetaucht bin, von wegen „das dunkle Gras ist fest und das helle ist Sumpf“, alles gelogen, 20cm links oder rechts von der Spur entschied meist nur der Zufall über stecken bleiben bis zur Tankunterkante oder weiter fahren. Ich weiß nicht mehr wie oft Berni und ich uns am ersten Tag gegenseitig aus dem Drecksschlamm rausgezogen hatten. Manchmal schaute nur noch Tankdeckel und Lenker oben raus. Spurrillen gab‘s so tief, dass einem die Daumen auf den Oberkanten schleiften. Da war der gleichmäßige Regen von oben schon fast wie eine Erholung, wusch der uns doch etwas von dem Dreck wieder ab. Am schlimmsten aber waren diese freilaufenden Schafe, es gab kaum eine Kurve, wo mir nicht irgend so ein Drecksbock vor das Vorderrad gelaufen ist. Im schweren Gelände war das erst mal kein so großes Problem, aber auf den kurzen Strassenetappen war das echt gefährlich.

Der Regen und die schweren Geländestrecken kamen uns Deutschen allerdings nicht ganz ungelegen, hatten die anderen Nationen mit diesen Umständen doch scheinbar mehr Probleme. Jedenfalls führten wir auch dank unserer zahllosen Streckenhelfer und dem sagenhaft schnellen Saui ( Honda) mit der Vase schon nach 2 Tagen mit über 1 Std. Vorsprung die Mannschaftswertung an.

Wenn nichts kaputt geht sollte uns den Sieg eigentlich niemand mehr abnehmen können. Eigentlich !!

Aber dann kam mir in der 2. Runde des 3.Tages dieser verdammt blöde Schafsbock in die Quere. Wir fuhren eine kurvige Strassenetappe im 6.Gang voll den Berg runter, Berni mit der Kawa knapp hinter mir, als mir dieser blöde Sch….- Bock in einer unübersichtlichen Rechtskurve aus der Böschung sprang und voll in mein Vorderrad krachte. Mich hats dabei voll auf die Zwölf gehauen, hab Sterne gesehen und mein erster Gedanke war noch „so, das wars, jetzt gibt der Arnulf den Löffel ab“. Meine gute HERCULES hab ich aber nicht losgelassen, mit dem Erfolg, dass neben dem durchgeschliffenen Gasgriff auch meine rechte Pfote bis auf die Knochen durch war. Dass ich noch nicht beim Petrus angeklopft hatte, merkte ich spätestens dann, als meine gute 80er wegen dem kaputten Gasgriff unangenehm laut auf Vollgas lief und nicht abzuschalten war. Berni, welcher die Flugeinlage ja live erlebt hatte und ich versuchten verzweifelt den Motor auszumachen, selbst Kerzenstecker ziehen half nichts mehr, erst als Bernhard mit dem Fuß den Auspuff zu hielt und ich mit aller Gewalt die Fußbremse drückte ging das Ding nach einer gefühlten Ewigkeit aus. Durch den harten Einschlag hab ich mir auch noch beide Daumen ausgekugelt, den Lenker komplett krumm geschlagen und der Gasgriff war auch nur noch zu Hälfte da. Ich hatte jetzt die Schnauze voll von Schlamm, Dreck, diesen blöden Schafen und Sechstagefahrt im Allgemeinen. Aber Berni meinte nur „Arnulf wir müssen weiter fahren, wir haben doch schon über eine Stunde Vorsprung“  – ich darauf „eh wie soll ich mit den Pfoten weiter fahren“, ein Daumen schaute nach oben, der andere nach unten der rechte Handschuh war durchgeschliffen und mein Knochen schauten oben raus. Berni trocken „mach du deine Daumen grade, ich richte den Lenker und den Gasgriff“.

Wie bescheuert muss man sein um solche Anweisungen zu befolgen? Nur „ziemlich beste Freunde“ schaffen das!! Ich hab meine Daumen wieder selber eingerenkt – sch…. tat das weh! Berni hat den Lenker und Gasgriff halbwegs repariert. Jedenfalls fuhren wir nach ein paar Minuten und den kleinen Reparaturen weiter. Meine gute Sachs sprang zwar wieder an, aber ich hatte schon gleich den Verdacht, dass mein Pleuellager bei der Vollgasdreherei im Liegen was abgekriegt hatte. Meine Hände spürte ich ab den Ellenbogen eh nicht mehr. An der nächsten ZK sollte eigentlich unser Doktor da sein, um mich zu verarzten, aber leider schaffte er es nicht mehr rechtzeitig zur ZK. So hab ich halt nur den Lenker und Gasgriff gewechselt. Über den rechten Handschuh hat mir der Fred Marschall ( mein bester Betreuer) einen Lappen gewickelt- ich kann doch kein Blut sehen- und dann lief die Zeit auch ab und weiter gings. Meinem Motor hab ich mit einer extra Portion Öl im Tank das Weiterlaufen verordnet. Wenn ich schon kaputte Pfoten hab, dann kann auch er was dazu beitragen oder? Seit meinen Sixdays in Schweden 1979 hatte ich immer eine Tube SACHS 2 Takt öl dabei.

Bis ins Tagesziel waren es noch gute 120km, der Regen hörte nicht auf und mein Sachs Motörchen wurde immer lauter, an jeder ZK hab ich über das Kerzenloch nachgeölt, nur nicht zu hoch drehen und den Drecksschafen aus dem Weg gehen! Bernhard hat mich mit seiner unglaublichen Überredungskunst weiter getrieben. Es waren die längsten 100km meines Gelände-Lebens. Was soll ich sagen, wir haben strafpunktfrei das Tagesziel geschafft. Jetzt musste nur noch die Beschleunigungsprüfung kurz vor dem Parc Ferme geschafft werden. Dann die nächste Katastrophe, ich leg den 1.Gang ein gebe schön vorsichtig Gas und: peng! Motor war fest, jetzt war das untere Pleuellager endgültig hinüber. Hab‘ die Beschleunigung dann im Laufschritt mit ca. 30 statt acht Sekunden geschafft, aber ich war im Tagesziel. Aber was sind 30 Sekunden gegen eine Stunde Vorsprung?

 

Kapitel 2:

Die Wundersame Heilung eines Schaffleitner SACHS Motors

 

Unsere internationale Konkurrenz, besonders unsere italienischen Freunde, haben mein Missgeschick natürlich mitgekriegt und frohlockten schon mit dem Ausfall der Nr. 4. Aber wer mit kaputten Pfoten ein waidwundes Moped ins Ziel bettelt, der gibt nicht so schnell auf. Unsere Oberste Teamleitung hat dann im geheimen Kämmerchen beraten, wie der Teuchert zu einem neuen Motor kommen könnte.

Ich war da aussen vor, ich wäre am 4. Tag lieber nicht mehr gestartet, denn 1. war die Kurbelwelle im Eimer und 2. hatte ich kaputte Hände. Unsre OMK- Oberen hatten da tatsächlich die Idee, dass sie nachts im Parc Ferme das Licht ausmachen, damit ich den Motor wechseln könnte. Die haben wohl einen Knall, da waren 4 Deutsche Schäferhunde zur Bewachung drin, da bringen mich keine 10 Pferde rein.

Mein bekannt bester Betreuer Fred Marschall hatte dann die entscheidende Idee, wie das richtig gemacht wird. Ich musste am 4.Tag früh demonstrativ offiziell meinen waidwunden Motor reparieren, nämlich Zylinder und Kolben wechseln, um damit wenigstens ca. 6 km weiter zu kommen, weil in den englischen Wäldern da irgendwo kleine baugleiche Sachsmotoren aus dem Boden wachsen sollen.

Hermann Appelbaum von SACHS Schweinfurt hat dann gleich noch in der Nacht das passende dichte Unterholz gesucht und den passenden Motor dazu gefunden. Es war also alles angerichtet. Kurz und gut – ich hab trotz meiner defekten Pfoten in knapp 12 Minuten den Zylinder mit Kolben gewechselt und mein unteres defektes Pleuellager so gut mit Sachs Öl behandelt, dass der Motor tatsächlich wieder ansprang und ich die 6 km in die besagten dichten englischen Robin Hood- Wälder schaffte, um dort im dichtesten Gebüsch einen wunderbaren 80er Sachs Motor vorzufinden. Herrmann hatte schon alles vorbereitet, auf einer großen Plane lagen alle Werkzeuge und mein Ersatzmotor. Das Gebüsch war so dicht, dass man keine 5 Meter weit sehen konnte. In knapp 13 Minuten hab ich nun mit Hilfe von Herrmann den Motor gewechselt und keiner hats gemerkt. Die Italiener wurden von Fred Marschall zwischenzeitlich in die Irre geleitet und erst als ich fertig aus dem Gebüsch kam, haben sie mich weiter verfolgt. An der nächsten ZK hab ich gerade mal 8 Minuten Zeitstrafe geschnappt und wir waren wieder im Geschäft. Die Sportkommisare haben bei der nächsten ZK routinemäßig auch noch per Infrarotlampe meine Farbplomben kontrolliert. Hat auch alles gepasst, denn wir hatten ja vorsichtshalber im selben Farbengeschäft die Geheimfarbe eingekauft wie der Veranstalter. Was soll ich sagen, das war ein gutes Geschäft, denn laut Fred brauchten auch noch einige andere Teams ein paar teure Farbtupfer von uns. Für diese Aktion hätte ich bei der Deutschen Meisterschaft mindestens 3 Jahre Lizenzentzug und 500.-DM Sportstrafe bekommen. Aber kein Problem,,war alles von oben abgesichert und heute ist das eh schon verjährt. So sind wir halt die restlichen 2 ½ Tage, ich mit halb kaputten Pfoten, aber frischer SACHS Leistung weiter durch den englischen Schlamm gepflügt. Bernhard, mein Schatten, hat mich immer weitergeprügelt und  eine Bestzeit nach der anderen in den Sonderprüfungen gefahren. Doch leider war diese ganze Aktion schlußendlich für Katz, weil die Jury die komplette deutsche Vase am 6. Tag disqualifiziert hat, weil wir angeblich am 5. Tag an einem ohne fremde Hilfe nicht zu überwindenden Schlammloch vorbei gefahren sein sollen. Komisch dabei war nur, dass unser Freunde aus der DDR und einige Engländer auch da von einem – ich sag mal Funktionär oder Streckenposten – umgeleitet wurden und nicht aus der Wertung genommen wurden!

Was soll ich da sagen? Ist so wie‘s ist. Fakt ist, wär das blöde Schaf nicht gekommen, hätten wir die Vase gewonnen. Aber „hätte-wäre- Fahrradkette“… Vorbei ist vorbei und irgendwie war‘s trotzdem schön.

Ich könnte noch stundenlang von den Sixdays erzählen,  z. B. wie wir auf dem Weg ins Hotel 15 Runden im englischen Kreisverkehr links rum fahren mussten, weil der Berni und der Bubi Pohlenz mein Lenkrad vom HERCULES-Opel festgehalten haben usw….usw…

Arnulf

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