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Die Entstehungsgeschichte des letzten Geländesport Werksmotorrades der Nürnberger Hercules Werke

Der HERCULES Geländesport von 1964-1978

Die Sportgeschichte der Nürnberger HERCULES Werke begann bereits in den 1930er Jahren mit Straßenrennen und Zuverlässigkeitsfahrten. Ab 1950 gab es dann in Deutschland wieder erste Geländesport Veranstaltungen und ab 1955 auch wieder eine Deutsche Geländemeisterschaft.

HERCULES war in dieser Meisterschaftsserie von Anfang an mit vielen werksunterstützten Fahrern sehr erfolgreich dabei, wie beispielsweise mit Willi Brösamle, Günter Dotterweich, Lorenz Specht, Lenz Müller, Rolf Witthöft, Heinz Brinkmann oder auch Reinhardt Christel, um nur einige zu nennen. Der junge Bottroper Heinz Brinkmann konnte mit einer 50er HERCULES GS im Jahr 1965 die berühmte Mehrtagesfahrt „Valli Bergamasche“ in Italien als Gesamtsieger beenden. Er blieb als einziger Teilnehmer strafpunktfrei, was bis heute, gerade für den Fahrer einer fünfzig Kubikzentimeter Maschine, eine herausragende Leistung darstellt.

Die Deutsche Geländemeisterschaft setzte sich damals aus verschiedenen Klassen von 50ccm – 500ccm Hubraum zusammen. Im Laufe der technischen Weiterentwicklung der Serienfahrzeuge wurden diese Klasseneinteilungen im Laufe der Jahre allerdings auch immer wieder einmal den jeweiligen Bedürfnissen der Motorradindustrie angepasst.

Dass es ohne Sportbeteiligung nicht geht, war den Verkaufsstrategen der Nürnberger Hercules Werke eigentlich immer klar. Gerade mit Sporterfolgen konnten in der Werbung die Vorzüge der jeweiligen Motorrad- und Kleinkraftradkonstruktionen besser herausgestellt und vermarktet werden.

 

Von 1975 bis 1978 wurde deshalb in der Hercules-Sachs Sportabteilung in der Nürnberger Nopitschstraße richtig Vollgas gegeben. Der neu entwickelte Sachs 7-Gang Sportmotor aus Schweinfurt sollte möglichst International viele Sporterfolge einfahren. Der Motor wurde schließlich nicht nur für die eigenen Hercules Motorradmodelle verwendet, sondern man strebte damit eine breitgestreute Nutzung als Konfektionsmotor verschiedenster Fahrwerkshersteller an. Mit insgesamt 10 Werksfahrern aus Deutschland und Italien wurden Titel in der Deutschen Geländemeisterschaft, der italienischen Meisterschaft und natürlich auch in der Europameisterschaft angestrebt. Klotzen statt kleckern lautete das Firmenmotto und so wurde die Creme de la Creme des damaligen Geländesportes in Italien und Deutschland eingekauft und auf Motorräder aus der Nopitschstraße gesetzt. Gino Perego 50 ccm, Renato Foresti 100 ccm, Walter Bettoni 175 ccm, Franco Gualdi 175 ccm, Augusto Taiocci 350 ccm, Guglielmo Andreini 250 ccm, fuhren für den Importeur Masserini in Italien die Hercules Werksmotorräder anfänglich unter der legendären Markenbezeichnung DKW. In Deutschland fuhren Arnulf Teuchert 100 ccm, Lorenz Kirchenbauer 175ccm, Hans Wagner 250ccm und Heino Büse 350ccm die identischen Werksmaschinen mit dem Hercules-Logo auf dem Tank. Ab 1978 wurde schließlich länderübergreifend unter dem Logo von Sachs firmiert. Doch das Ende kam schneller als eigentlich geplant. Ende 1978 wurde das Werksengagement im Sport wegen Sparmaßnahmen stark eingeschränkt. Das Geländesportprogramm musste eingestellt werden und im Moto-Cross Sport oblag es vor allem dem Schwarzwälder Fritz Schneider, fortan die Sachs Fahne hochzuhalten.

Der Umbruch zum Jahresende 1980 und Arnulf`s Misere

Im Jahresverlauf 1980 gab es dann im Endurosport in Europa einen relativ kräftigen Einschnitt. Angesichts neuer europäischer Regelungen zu den Leichtkrafträdern mit nunmehr 80 Kubik mussten auch die OMK und die FIM als Motorsportbehörden reagieren. Die Hubraumklassen 50 und 100 Kubikzentimeter wurden deshalb ab dem 1.1.1981 aus den Geländesport Wettbewerbsprogrammen gestrichen und durch eine neue kleinste Hubraumklasse mit nunmehr 80 ccm ersetzt.

Was in der Serienproduktion für Leichtkrafträder bei den verschiedenen Motorradherstellern nach kurzer Anlaufzeit gut funktionierte, war für die Konstruktion und den Bau eines Wettbewerbsmotorrades allerdings eine Herausforderung. Denn wie sich rasch zeigen sollte, war es nicht damit getan, einen leistungsstärkeren 80 Kubik Motor einfach in ein vorhandenes Fahrgestell einer Fünfziger zu implantieren, zumindest dann nicht, wenn man den Anspruch hatte, sieg- und wettbewerbsfähig zu sein.

Und so kamen im Spätherbst 1980 bei den Nürnberger Herculeswerke Dinge zusammen, welche die Entscheidungsfindung zum Bau eines Wettbewerbsmotorrades für die neugeschaffene 80er Klasse nachhaltig beeinflussten.

Es war da zum einen ein erfolgreicher junger und zugleich sehr umtriebiger Motorradgeländesportler aus dem Nürnberger Umland, der für die Saison 1981 noch keine neue Perspektive hatte. Arnulf Teuchert aus Simmelsdorf bei Lauf. 1978 war er für Hercules noch auf der 50 Kubikzentimeter Maschine als Deutscher Vizemeister hinter Zündapp Fahrer Jürgen Grisse erfolgreich unterwegs gewesen, musste aber wegen des damaligen sportlichen Rückzugs von Hercules seine Zusammenarbeit mit der Sportabteilung in der Nopitschstraße beenden. Ein Zweijahres-Engagement bei Zündapp folgte ab 1979, endete mit dem Jahresablauf 1980 für Arnulf Teuchert allerdings persönlich unbefriedigend und ernüchternd, wie er zu berichten weiß:

Nach dem Beschluss von Hercules-Sachs, die Geländesportabteilung Ende 1978 aufzulösen, hatte ich 1979 die Möglichkeit zu Zündapp zu wechseln. Zusammen mit meinem großen Idol Erwin Schmider bin ich auf der 50er der Münchner die Deutschen Meisterschaft, die Europameisterschaft und die Sechstagefahrt gefahren. In der DM konnte ich den Titel erstmals gewinnen, in der EM sollte ich als Wasserträger dem Erwin Schmider dabei helfen, einen weiteren seiner zahlreichen EM-Titel zu gewinnen. Doch dies hat für den Erwin leider nicht geklappt, weil er in Spanien mit Motorschaden ausgefallen ist. Einen vom Zündapp-Sportleiter, nicht dem Reglement entsprechenden, angedachten Motortausch während des Wettbewerbs mit mir lehnte der Erwin damals ab. In meinem zweiten Zündapp Jahr fuhr ich dann zusammen mit Eddy Hau in der 100er Klasse. Obwohl es „offiziell“ keine Stallregie gab, war von Anfang an klar, dass Eddy als Nummer 1 in dieser Klasse gesetzt war. Zündapp hatte mit der 100er eine richtig tolle Maschine aber ich war in der erneuten Wasserträgerfunktion sportlich benachteiligt und das hat mich innerlich ziemlich aufgezehrt. Mit einem Klassensieg und zudem als Mitglied der siegreichen Silbervasenmannschaft bei den Sixdays 1980 in Brioude/Frankreich endete schließlich mein Zündapp Engagement. Wegen der vielen Meinungsverschiedenheiten mit Zündapp Sportchef Erich Messner, die es insgesamt gegeben hat, wollte ich auf jeden Fall einen Markenwechsel für 1981 anstreben“.

Doch der angestrebte Markenwechsel entpuppte sich rasch als schwieriges Unterfangen. Schließlich gab es zu diesem Zeitpunkt bei keinem Hersteller eine fertige 80er als Wettbewerbsfahrzeug. Bei Zündapp gab es wohl gerüchteweise Vorbereitungen von Konstrukteur Ladi Gorgos bezüglich eines 80er Projektes, für welches Jürgen Grisse als Fahrer vorgesehen war und von KTM war im Vorfeld zu hören, dass man auf eine Entwicklung aus der Brinkmann`schen Ideenschmiede in Bottrop, mit Bernhard Brinkmann als Fahrer, setzen würde. So musste Teuchert, der natürlich in der neuen 80er Klasse unbedingt dabei sein wollte, tatsächlich regelrecht Klinken putzen. Bei Puch und Kreidler Van Veen zeigte man kein Interesse und so erinnerte er sich schließlich an seine alten Hercules-Kontakte. „In der vagen Hoffnung, als Minimallösung wenigstens ein bewährtes 50er Fahrgestell mit einem neuen 80er Motor auf die Beine zu stellen, habe ich im Oktober 1980 das Gespräch mit dem Sachs-Motorenchef Dipl. Ing. Pöppinghaus in Schweinfurt gesucht. Nahezu vier bis fünf Stunden habe ich auf ihn eingeredet, um ihn davon zu überzeugen, dass es für Hercules-Sachs enorm wichtig wäre, in der neuen 80er Klasse dabei zu sein um den ersten Titel diese Klasse vor Zündapp zu holen. Nach meinen Differenzen mit Zündapp`s Messner hatte ich ja schließlich mit den Münchnern noch eine persönliche Rechnung offen“.

Zum anderen gab es da in den Hercules Werkshallen der Nürnberger Nopitschstraße noch ein verbliebenes Rumpfteam der ehemaligen Geländesportabteilung um den erfahrenen Konstrukteur Günther Dotterweich, welches sich vor allem noch um die Sachs Moto Cross Werkseinsätze von Fritz Schneider, Kaspar Kirchenbauer und Herbert Stauch, ( Willi Bauer Hatte ja 1978 seinen schweren Unfall und ist seither Gelämt)  in der 250 ccm Klasse kümmerteund welches durchaus an neuen sportlichen Herausforderungen interessiert war.

Und ganz offensichtlich trugen Arnulf Teuchert`s Bemühungen um ein neues Hercules-Sachs Engagement im Geländesport Früchte. Denn im Spätherbst 1980 fasste die Firmenleitung den Beschluss für ein Geländesport-Engagement in der neuen 80er Wettbewerbsklasse und somit für den Bau eines geeigneten Wettbewerbsmodells als Prototyp. Eine Serienproduktion eines GS-Modells mit 80 Kubik war hingegen nicht vorgesehen. Günther Dotterweich erhielt den Auftrag, ein entsprechendes Fahrgestell in Nürnberg zu konstruieren und zu bauen und der neue Motor sollte bei Sachs in Schweinfurt entstehen. Am 15. Januar 1981 erreichte Arnulf Teuchert schließlich das erste seiner angestrebten Ziele. Er erhielt von Hercules-Sachs einen Einjahresvertrag für eine nationale und internationale Teilnahme an Geländesportwettbewerben mit der neu entwickelten 80 ccm Werks-Sachs.

Die Entstehung der neuen Achtziger

 

Für die Konstruktion und den Bau des neuen Motorrades blieb nicht viel Zeit, denn spätestens zum ersten Deutschen Meisterschaftslauf am 4. April 1981 in Bielefeld musste es einsatzbereit sein. Konstrukteur Günther Dotterweich griff auf all sein Erfahrungswissen als ehemaliger, selbst sehr erfolgreicher Motorrad-Geländesportler und Trophysieger und zudem natürlich als versierter Motorrad-Techniker zurück: „Ich habe ein Fahrwerk mit der im Geländesport sehr bewährten Lenkkopfgeometrie von 27 Grad entworfen. Als Rahmenrohre haben wir sehr leichte und dünnwandige Chrom Molybdän Rohre, sogenannten Flugzeugwerkstoff, verwendet. Das Rahmenoberrohr habe ich durch eine sehr leichte gebogene und innen verstärkte Konstruktion aus 1 Millimeter Chrom Molybdän Stahlblech ersetzt. Dieser verwindungssteife Hohlkörper sollte eigentlich zusätzlich als Tank genutzt werden. Es gab jedoch Probleme mit der Entlüftung und so nutzten wir den Tank kurzerhand als Ölreservoir für die Kettenschmierung oder auch zur sonstigen Befüllung, um das in den Wettbewerben vorgeschriebenen Mindestgewichts von 92 Kilogramm zu erreichen. Mit der Gestaltung, Anströmung und Abdichtung des Luftfiltersystems haben wir uns sehr viel Mühe gegeben, um eine optimale Motorenabstimmung zu ermöglichen. Auf eine Aluschwinge habe ich bewusst verzichtet. Vielmehr haben wir aus 4 gekanteten und handgeschweißten 1 mm starken Chrom Molybdän Stahlblechelementen die mit einem ebenfalls aus dem gleichen Material gefertigten Abschlussteil ergänzt wurden, eine Hinterradschwinge angefertigt. Diese war letztlich einem reinen Aluminiumteil in Steifigkeit und Gewicht überlegen. Der Motor selbst wurde bei Sachs in Schweinfurt entwickelt. Von dem bereits bei Sachs gefertigten 80 Kubikzentimeter Serienmotor wurde nur die beiden Gehäusehälften und die Kurbelwelle verwendet. Das serienmäßige Ziehkeilgetriebe wurde durch ein völlig neu entwickeltes klauengeschaltetes 6 Gang-Getriebe ersetzt. Hier machte sich Sachs die vertragliche Zusammenarbeit mit dem österreichischen Getriebe- und Motorenspezialisten Michael Schafleitner zunutze, der sich ja bereits um das Motorenprogramm für die Moto Cross Werksfahrer kümmerte. Aus technischer Sicht ist dieses 6 Gang-Schafleitner Getriebe, und die Art wie er es im Gehäuse millimetergenau unterbrachte wurde, eine technische Meisterleistung. Hierfür waren Umschweißmaßnahmen im Motorgehäuse und der Einbau eines speziell angefertigten Gehäuse Verbreiterungszwischenstückes erforderlich“, erzählt Dotterweich. Schmunzeln muss er noch heute bei der Geschichte, die sich damals mit seinem Freund Ladi Gorgos, seines Zeichens Zündapp Konstrukteuer in der Münchner Sportabteilung, zutrug. Gemeinsam mit Familien verbrachten sie wie üblich einen gemeinsamen Skiurlaub im Winter 1980/81, als sie beim abendlichen Apres Ski gesprächsweise feststellten, dass sie beide als Konkurrenten an gleichartigen 80er Projekten arbeiteten, was ihnen bis zu diesem Zeitpunkt absolut nicht bewusst war. Von da an wurden berufliche Themen bei den Urlaubsgesprächen komplett vermieden. Schließlich galt es ja, keine Firmengeheimnisse an die sportliche Konkurrenz zu verraten.

Konfektioniert wurde die neue Hercules Konstruktion durch eine leichte 35 mm Marzocci Vorderradgabel mit 260 mm Federweg und hinten durch Sachs Hydrocross Luft-/Ölfederelemente mit ebenfalls 260 mm Federweg. Der Kunststofftank von Acerbis wurde von der Perego Hercules GS 50 Kleinserie beigesteuert. Die Kotflügel sowie Kunststoffseitenteile stammten von Falk. Was an dem Motorrad sonst noch auffällt sind die am Unterzug relativ hoch angesetzten Fußrasten, die zudem durch nur eine einzige Schraube komplett gewechselt werden können, was für die Versiertheit des Konstrukteurs in Sachen Wettbewerbseinsatz spricht. Günther Dotterweich sagt dazu: „ Ich habe die Position der Rasten so gewählt, dass man bei einer Fahrt in tiefen Spurrillen oder beim Umlegen in Kurven möglichst nicht hängen bleibt“.

In Nürnberg wurden mit Heinz Blendinger und Peter Muschweg nur 2 Mechaniker in der Sportabteilung für den Bau der insgesamt vier Fahrwerksprototypen eingesetzt. Und in Schweinfurt entstanden unter der Verantwortung der Herren Schafleitner, Appelbaum und Schiffer zeitgleich insgesamt acht Wettbewerbsmotoren.

Anfang März 1981 stand die brandneue 80er Hercules Werksmaschine auf der Motocross-Strecke des Motorsportclub Frankenjura nahe Lauf/Ottensoos zu einer ersten Probefahrt zur Verfügung. Arnulf Teuchert erinnert sich noch gut daran: „Es war phantastisch. Die Maschine funktionierte auf Anhieb richtig toll. Es musste absolut nichts mehr verändert werden. Von Johann Weidl vom Sachs Sportdienst wurden mir noch die Hydro Cross Dämpfer auf meine Wünsche eingestellt und in Zusammenarbeit mit Bing gab es einen speziellen Vergaser mit Vollgasanreicherung (Powerjet), bei dem ich innerhalb einer Minute die Vergasereinstellung ohne Öffnung des Vergaserdeckels ändern konnte. Knappe 4 Wochen vor dem ersten Meisterschaftslauf waren wir somit gut gerüstet“.

Mit Abschluss dieser erfolgreichen Jungfernfahrt der neuen Maschine war für Teuchert somit ein weiteres Ziel erreicht. Er hatte nun eine offensichtlich sehr gute Waffe im Kampf um den ersten zu vergebenden Meistertitel in der 80er Klasse zur Verfügung.

Da der Hercules Projektverantwortliche Günther Dotterweich nicht nur ein herausragender Techniker, sondern auch ein mit allen Wassern gewaschener Teamchef war, verpflichtete er als weiteren Fahrer für die neue Werksachtziger aus Nürnberg keinen geringeren als Deutschland`s Geländesport Alleskönner Erwin Schmider. Um zudem bei den diversen Meisterschafts-Wettbewerben auch eine Sachs-Werksmannschaft starten lassen zu können, wurde für den Ex-Zündapp Mann Eberhard Weber eine 250er Werksmaschine bereitgestellt und an der Sechstagefahrt 1981 auf Elba durfte zusätzlich Peter Paul Wünscher mit einer zweiten Werks 80er teilnehmen.

Damit waren die Hercules-Sachs Geländesport-Werksmannschaften für die diversen Wettbewerbe der Saison 1981 gut aufgestellt.

Technische Daten: 

Baujahr 1980/81, Hubraum 80 ccm, Bohrung/Hub 48/44 mm, Leistung ca. 20 PS bei 11800 U/min, 6 Gang Schafleitner Klauengetriebe;

Getriebe Übersetzungen: 1.Gang: 12/45 =3,75; 2. Gang: 16/41 = 2,562; 3. Gang: 19/37 = 1,947; 4. Gang: 22/35 = 1,59; 5. Gang 24/32 = 1,333; 6. Gang 26/30 = 1,153;                                                                                           Primär schräg 59/22 = 2,6818; gerade 68/26 = 2,615; Sekundärübersetzung 15/63; Kette 428 ½ x 5/16, 136 Gl.

Aluminiumzylinder mit Nikasilbeschichtung und 6 Überströmkanälen plus 2 Zusatzkanäle über dem Einlass.

Leergewicht: 82 Kilogramm

Tankinhalt: 6,5 Liter Inhalt Rahmentank für Kettenschmierung: 2,5 Liter

Die sportliche Bilanz der Saison 1981

Nach dem doch sehr optimistischen Verlauf der ersten heimischen Probefahrten standen vor dem ersten DM Lauf in Bielefeld zunächst noch die Teilnahmen an den Gaumeisterschaftsläufen im badischen Bensheim und in Unterschönmattenwag im Odenwald als die Generalproben auf dem Programm. Mit einem 2. Platz in Bensheim und dem Klassensieg in Unterschönmattenwag (ugs. „Schimmeldewog“) gelangen auch diese Testfahrten, so dass das neu formierte Hercules Team positiv auf die bevorstehende Meisterschaftssaison blicken konnte. Nebenbei bemerkt ist der Begriff des „Hercules Team`s“ an dieser Stelle durchaus eine gewollte Übertreibung, denn in Wirklichkeit war es nur ein Miniteam das sich damals Woche für Woche von der Sportabteilung in Nürnberg zu den jeweiligen Wettbewerbsorten aufmachte, um sich der großen Konkurrenz von Zündapp, KTM, Puch, Fantic, Simson oder AIM zu stellen. Arnulf Teuchert wurde von seiner Frau Anita nach Kräften unterstützt, hinzu kamen Fahrerkollege Erwin Schmider, Sportchef Dotterweich und als technischer Betreuer und Streckenfahrer vor Ort Fred Marschall von Sachs in Schweinfurt.

Im Team gab es unter den Fahrern zudem keine Teamorder oder einen gesetzten Nummer 1 Fahrer, wie es Teuchert mitunter während seiner Zündapp Zeit erlebte. Der Lebensältere und an Erfolgen kaum zu übertreffende Erwin Schmider brachte die Sache gegenüber seinem Sportkollegen bei Kaffee und Kuchen kurz und bündig auf den Punkt: „Wir machen das ganz einfach. Wer nach drei Veranstaltungen die Nase vorne hat ist automatisch die Nummer 1 und wird anschließend vom anderen in Sachen Meisterschaft unterstützt!“ Und genau so wurde die Sache dann auch angegangen und umgesetzt. Zwei Sportler also, die auch freundschaftlich gut miteinander umgehen konnten.

Bei den Läufen zur Deutschen Geländemeisterschaft war der stärkste Herausforderer natürlich der Zündapp Fahrer Jürgen Grisse. Und der brachte auch gleich das Kunststück fertig, die ersten vier Läufe siegreich zu beenden und Hercules Mann Arnulf Teuchert jeweils auf Platz zwei zu verweisen. Doch bei der fünften Veranstaltung in Schweighausen zeigte Grisse plötzlich Nerven und stürzte. Teuchert siegte und konnte nach Meisterschaftspunkten ausgleichen. Alles war plötzlich wieder offen. Die Titelentscheidung musste also beim Endlauf im badischen Mauer fallen. Die Veranstaltung in Mauer entwickelte sich letztlich dann zu einer Nervenschlacht zwischen den Fahrern Grisse und Teuchert und auch den beiden Teams von Zündapp und Hercules. Natürlich, denn jedes der beiden Werke wollte gerne diesen prestigeträchtigen Titel , der erstmals vergeben wurde, erringen. Am Ende des Tages fiel die Titelentscheidung dann in der allerletzten Kurve des letzten Sonderprüfungsdurchganges. Teuchert hatte mit schnellen Zeiten in den ersten Durchgängen vorgelegt und hatte die Nase knapp vorne, als quasi das Stechen anstand. Jürgen Grisse riskierte nun alles und fuhr auf der allerletzten Rille, bis er es in der letzten Kurve übertrieb und zu Sturz kam. Selbst mit diesem Malheur war er in diesem entscheidenden Durchgang noch 2 Sekunden schneller als Konkurrent Teuchert. Doch dieser hatte aus den vorherigen Sonderprüfungsdurchgängen noch etwa 6 Sekunden Vorsprung im Gepäck und konnte somit den Sieg in Mauer und damit auch den Meisterschaftsgewinn 1981 für Hercules unter Dach und Fach bringen. Das Teuchert`sche Saisonziel, welches mit dem Klinkenputzen bei Dipl. Ing. Pöppinghaus von Sachs ein Dreivierteljahr vorher Fahrt aufgenommen hatte, war damit endgültig erreicht.

Die Anspannung und der Druck auf uns Fahrer war bei der Veranstaltung in Mauer natürlich enorm. Da der Jürgen in Schweighausen bereits schon Nerven gezeigt hatte, rechnete ich mir insgeheim schon einen kleinen Vorteil aus. Doch als nach der Fahrzeugabnahme am Samstag der Günther Dotterweich zu mir kam und sagte, es wäre schon ganz gut wenn ich gewinnen würde, da sonst die Gefahr bestünde dass die Sportabteilung erneut aufgelöst würde und Hercules zudem dann etwa 750.000 DM, allein 250.000 DM für die Getriebe, in den Sand gesetzt hätte, war auch ich ziemlich platt. Frühmorgens vor dem Start musste ich mich vor Aufregung dann sogar übergeben. Doch als es dann an den Start ging war ich ruhig und voller Konzentration und konnte so erfolgreich den Sieg einfahren“, erinnert sich der glückliche Titelgewinner.

In der Europmeisterschaft musste die kleine Nürnberger Herculestruppe quer durch Europa nach Jablonec/CSSR, Jelenia Gora/Polen, Sitges/Spanien, Mende/Frankreich, Kettenbach/Deutschland und Weitra/Österreich reisen. In Jablonec, Jelenia Gora und Kettenbach konnte Teuchert jeweils an einem der zwei Fahrtage auf Rang 2 abschließen. Für einen Tagessieg reichte es nicht ganz. Doch am Ende der langen Europameisterschaftsserie reichte es im Gesamtergebnis für einen hervorragenden 3. Platz für Teuchert und Platz 4 für Erwin Schmider. Europameister wurde Angelo Signorelli auf Fantic.

Für die Sechstagefahrt des Jahres 1981 auf der italienischen Mittelmeerinsel Elba wurde Arnulf Teuchert mit der 80er Werks Hercules in das deutsche Trophyteam berufen. Hier startete er nun gemeinsam mit seinem Meisterschafts-Konkurrenten Jürgen Grisse der die 80er Zündapp fuhr und Klaus-Bernd Kreutz (Zündapp 175), Bert von Zitzewitz (Maico 250), Heino Büse (Maico 500), Hans-Werner Pohl (Honda 540).

Das deutsche Trophy Team errang bei dieser schweren Veranstaltung Rang 2 hinter der Heimmannschaft aus Italien und vor der DDR. Auch wenn es die Bezeichnung offiziell nicht gibt, so kann man den bundesdeutschen Erfolg auf Elba dennoch als „Mannschaftsvizeweltmeister“ bezeichnen. Und um die Aufzählung an dieser Stelle zu vervollständigen sei erwähnt, dass auch das deutsche Silbervasen-Team mit den Fahrern Bernhard Brinkmann, Harald Strößenreuther, Richard Spitznagel und Walter Pohlenz einen hervorragenden 2. Platz, natürlich auch hinter einer ebenfalls italienischen Heimmannschaft, erreichte.

 

Erneuter Hercules Ausstieg 1982

Im August 1981 erreichten Arnulf Teuchert mehrere Glückwunschschreiben aus den Vorstandsetagen von Fichtel &Sachs und Hercules, als er als erster Titelträger in der Deutschen Meisterschaft für die erstmals ausgefahren 80er Klasse feststand. Doch die Hoffnung, die sich aus den erzielten großartigen Erfolgen des Jahres ergab war trügerisch und erfüllte sich letztlich nicht. Für die Fortsetzung des kompletten Werksengagements gab es für 1982 kein neues Budget und so zog sich Hercules wieder einmal aus dem Geländesport zurück. Für Arnulf Teuchert gab es zumindest ein kleines Trostpflaster. Er durfte seine beiden Werksmotorräder behalten und mit minimalistischer technischer Unterstützung der Schweinfurter Versuchsabteilung weiter einsetzen. So entstand das Teuchert „Dreamteam“ mit Ehefrau Anita und Freund Fred Marschall, welches auf eigene Faust die Läufe zur Deutschen Meisterschaft und zur Europameisterschaft bestritt. Teuchert konnte mit seinem Dreamteam die Deutsche Geländemeisterschaft erneut gewinnen und auch in der Europameisterschaft seinen 3. Platz aus dem Vorjahr wiederholen. Bei der 57. Int. Sechstagefahrt im tschechischen Povazska Bystrica fuhr er bei schweren Bedingungen die 80er Hercules zu einer Goldmedaille.

Dipl.Ing Pöpinghaus bei der Meisterfeier 1981

Statistik: 1982

DM Bielefeld P 1; DM Kettenbach P 3; DM Hermannstein P 2; DM Waldkappel P 2; DM Mitterteich P 2;

EM Mazan/Frankreich P3 und 5; EM Madrid/Spanien P 5 und 3; EM Clusone/Italien P 7 und 7; EM Mattighofen/Österreich P 3 und 6; EM Odenheim/Deutschland, Ausfall; (Europameister wurde Pietro Gagni auf Zündapp)

Für 1983 wurde das minimale Hercules-Sachs Engagement schließlich komplett eingestellt und das Team Teuchert war fortan nur noch als reines Privatteam mit Unterstützung persönlicher Sponsoren im Einsatz. Dennoch wurde nochmals eine komplette Saison mit Deutscher- und Europameisterschaft geplant und auch absolviert, ehe dann ein Schlussstrich gezogen wurde. Die Bilanz die sich erneut sehen lassen konnte:

Gewinn der dritten Deutschen Meisterschaft in Folge auf Hercules 80 ccm und Rang 4 in der Europameisterschaft. Bei seiner letzten Sechstagefahrt in Llandrindod/Wells England gab es einen Ausfall, da das deutsche Silbervasenteam am 5. Tag komplett aus der Wertung genommen wurde.

Statistik 1983:

DM Kettenbach P 1; DM Rodheim-Bieber P 2; DM Dachsbach P 1; DM Mauer P 3; DM Amtzell P 1; DM Streitberg P 1;

EM Sitges/Spanien P 2 und Ausfall; EM San Remo/Italien P 4 und 5; EM Mende/Frankreich P 5 und 6; EM Neunkirchen/Deutschland P 3 und 3; EM Valaske/CSSR 1 und 1; EM Neumarkt/Österreich P 6 und 5; (Europameister wurde Pierfranco Muraglia auf Accossato)

Für die 3 Deutschen Meisterschaftstitel mit der Hercules ließ sich Arnulf Teuchert noch zwei spezielle goldfarbene Tankaufkleber in Medaillenform anfertigen, welche heute noch die blaue Maschine zieren.

Mit Abschluss der Saison 1983 hängte er als professioneller Geländesportler den Helm an den „berühmten“ Nagel. Die in seinem Besitz befindlichen beiden Hercules Werksmaschinen, seine Erfolgsmotoräder, durfte er behalten und sie künftig sein Eigentum nennen. Doch für die nächsten Jahre mussten die beiden Erfolgsgaranten erst mal mit einem Abstellplatz im Keller vorliebnehmen, ehe sie eine neue und mindestens ebenso erfolgreiche neue Ära erleben sollten.

Die Sporterfolge von Arnulf Teuchert mit der letztlich für ihn gebauten Hercules GS 80 lassen sich zusammengefasst in nur wenigen Zahlen ausdrücken. In den Jahren 1981 – 1983 konnten 50 Klassensiege bei 120 Veranstaltungen eingefahren werden, wobei es nur einen technisch bedingten Ausfall gegeben hat. Eine Erfolgsbilanz vom Allerfeinsten.

Nicht umsonst wage ich zu behaupten dass mein Freund Günter Dotterweich mit dieser 80er GS die Letzte, Beste und auch Erfolgreichste HERCULES Geländesport Werksmaschine konstruiert hatte.

Besonders bedanken will ich mich natürlich bei meiner GUTEN Anita und den Mechanikern Karl-Heinz Blendiger, Peter Muschweg dem Besten Rucksack Fahrer aller Zeiten Fred Marschall welche als Helfern und Betreuer während dieser 3 Intensiven Jahre 81-83 an meiner Seite standen. Nicht zu vergessen meine Privaten Sponsoren ES, METZELER, UVEX, CASTROL HERCULES/SACHS, Lotz und mein damaliger Arbeitgeber Fa. Zweirad Maussner, ohne die ich die Finanzierung der 3 Jahre nicht geschafft hätte.

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